Sondierungsgespräche: Mangel an Arbeitskräften in Deutschland – ein hausgemachtes Problem

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Pressemitteilung Polnisches Bundesnetzwerk für Partizipation und Soziales Part of Europe, 15.10.2021:

Der kürzlich beendete V. Kongress der polnischen Organisationen in Deutschland hat u.a. über die teilweise skandalösen Lebens- und Arbeitsumstände ausländischer EU-Bürger*innen in Deutschland debattiert. Die am Vorabend der Bundestagswahl beim Kongress versammelten gut 120 Vertreter*innen aus allen Bundesländern appellierten an die Politik, europäisches Recht hinsichtlich der EU-Freizügigkeit konsequent umzusetzen und den Integrationsprozess der EU-Bürger*innen in Deutschland aktiv zu unterstützen.

„Erleidet Deutschland künftig einen Einbruch am Arbeitsmarkt, so handelt es sich um ein hausgemachtes Problem – es ist höchste Zeit, diverse Strukturdefizite im Bereich EU-Freizügigkeit aktiv und konsequent abzubauen“, so Dr. Kamila Schöll-Mazurek, Co-Sprecherin der Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen, und fordert: „gerade nach den Wahlen, in den Zeiten der Sondierungsgespräche erwarten wir, dass unsere Vorschläge für dieses Problem in den Koalitionsvertrag aufgenommen werden".

Stellvertretend für alle EU-Bürger*innen, die fast die Hälfte der in Deutschland lebenden Ausländer*innen ausmachen, verwiesen die Vertreter*innen polnischer Organisationen auf ein seit Jahren wachsendes Grundproblem der deutschen Integrationspolitik, und zwar die Nichteinhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und der EU-Richtlinien, die auch die Ursache für den Fachkräftemangel ist.

Joanna Szymańska, wissenschaftliche Leiterin des landesweiten Beratungsnetzwerkes in Nordrhein-Westfalen, macht es konkret: „die Barrieren wie fehlender Zugang zu Integrations- und Sprachkursen, die oft unzureichenden Informationen in polnischer Sprache in deutschen Ämtern, unklare Arbeitsmarktregelungen für entsandte Arbeitnehmer*innen, fehlende Willkommenskultur für die EU-Bürger*innen müssen in den nächsten fünf Jahren aufgehoben werden“.

„Wertschätzung, Anerkennung und die Einhaltung sozialer Standards für die nächsten fünf Jahre wünscht sich die polnische Community in Deutschland“, betonte Dr. Marta Neüff, Vorsitzende des Polnischen Sozialrates e.V. in Deutschland. Sie verwies auf den 11-Punkte-Plan des Polnischen Sozialrats für die EU-Bürger*innen, ein Reformpaket für die Arbeits- und Sozialmarktpolitik.

Akuten Handlungsbedarf für den Integrationsprozess der Unionsbürger in Deutschland insgesamt sieht Krzysztof Blau als Sprecher des Bundesnetzwerkes für Soziales und Partizipation Part of Europe. „Damit die Unionbürger weiterhin die Möglichkeiten der Freizügigkeit in den BRD nutzen und ihren Lebensmittelpunkt hier finden, brauchen wir ein Umdenken in der Zuwanderungspolitik. Die Willkommenskultur gegenüber Menschen, die zu uns kommen und auch hier arbeiten wollen, muss geändert und bedarfsorientiert ausgerichtet sein. Anderenfalls wird sich die Fachkräftesituation weiterhin verschlechtern. Wir müssen um die Menschen werben und sie willkommen heißen“, so Blau, denn: „Ein Integrationsprozess ohne gleichzeitige interkulturelle Öffnung ist eine Einbahnstraße, das haben die zurückliegenden Jahre deutlich gezeigt.“

Für Wieslaw Lewicki, einer der Organisatoren des Kongresses und Vorstandsmitglied des Konvents der Polnischen Organisationen in Deutschland, gehört die internationalisierte, muttersprachliche Ansprache der EU-Bürger*innen zum Öffnungsprozess einer neuen Regierungsperiode. „Wenn wir wollen, dass Deutschland weiterhin ein attraktiver Arbeitsort bleibt, muss es sich auch um die Menschen aus Mittel- und Osteuropa kümmern. Wir fordern daher mehr Mittel für die Information in polnischer Sprache in deutschen Ämtern (Wohnungswesen, Gesundheits- und Sozialdienste, Bildungseinrichtungen, Arbeitsmarkteinrichtungen). Das Fehlen dieser Informationen hat die Binnenmigrant*innen aus Mittel- und Osteuropa während der Pandemie besonders getroffen".

Darüber hinaus fordern Vertreter*innen polnischer Organisationen in Deutschland „eine breit angelegte und langfristige Informationskampagne zur Förderung der Herkunftssprachen auf der Grundlage europäischer Richtlinien“, sagte die Vizevorsitzende des Verbandes „Polnische Journalisten in Deutschland e.V.“, Grażyna Kamień-Söffker.


Kontakt:
Dr. Kamila Schöll-Mazurek, presse@polskarada.de
Sprecherin des Polnischen Bundesnetzwerks für Partizipation und Soziales Part of Europe

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